Deutscher Immobilienmarkt unter dem Einfluss von Corona

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21.10.2020

Immobilienpreise in der Pandemie, das wird sich verändern. (Experten geben Ihre Einschätzung)

Das Jahr 2020 steht unter dem Einfluss von Covid 19 und wird als Jahr der Pandemie lange in Erinnerung bleiben. Sorge um Ansteckungsrisiken und gesetzliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit verunsichern Menschen und Wirtschaft auf allen Ebenen. Lockdown und Kurzarbeit bringen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sowie Arbeitnehmer in Bedrängnis. Lediglich der Immobilienmarkt scheint stabil zu bleiben.

Bisher besteht der Eindruck, dass die Nachfrage nach Wohnraum trotz oder gerade wegen der Krise ungebrochen ist. Unsichere Einkommensentwicklungen und die Angst vor Ansteckungen können diesen Trend jedoch schnell beenden. So lautet auch das Resümee des Immobilien-Experten Heinz Rehkugler. Der Professor für Immobilieninvestments warnt eindringlich vor allzu optimistischen Erwartungen. Die Auswirkungen der Corona-Krise auf Miet- und Immobilienkaufpreise sowie Investitionsvorhaben sind nach seiner Auffassung bisher nicht absehbar.

Corona sorgt für weltweite Beeinträchtigungen

Erneut drastisch ansteigende Infektionszahlen im Herbst 2020 verdeutlichen, wie unsicher die Lage ist. Kontaktbeschränkungen werden wieder verschärft und bei weiter fortschreitendem Ansteckungsrisiko fürchtet die Wirtschaft weitere Einbrüche. Da alle Staaten der Erde von der Pandemie betroffen sind, befinden sich ganze Volkswirtschaften in einer Art Schockstarre.

Bereits aufgrund der Rezession im April 2020 gingen Schätzungen von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um fünf Prozent aus. Inzwischen befürchten pessimistische Analysten deutlich drastischere Zahlen bis zu 30 Prozent. Es kann Jahre dauern, bis sich die Weltwirtschaft von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt. Daher werden mittelfristig alle Branchen mit negativen Zahlen rechnen müssen. Auch die Immobilienbranche vom Investor über den Bauunternehmer bis zum Makler und Hausbesitzer wird davon nicht verschont bleiben.

Unsichere Einkommen dämpfen den Wunsch nach neuem Wohnraum

Die Anmietung einer größeren Wohnung sowie den Bau oder Kauf eines Eigenheims stellen viele Familien aufgrund ihrer unsicheren Einkommenserwartungen zurück. Das beobachtet auch Prof. Heinz Rehkugler. Besichtigungstermine, Maklerbesuche und Notartermine werden zudem aus Angst vor Ansteckung verschoben. Nach leichter Besserung in den Sommermonaten entwickelt sich die Situation aktuell wieder rückläufig. Die Folge sind nach Einschätzung von Rehkugler Umsatzeinbußen der Makler von durchschnittlich 40 Prozent. Notare, Verkäufer und die gesamte Baubranche spüren ebenfalls deutliche Umsatzeinbrüche.

Digitale Lösungen können die Situation entschärfen

Kontakte trotz Kontaktverbot und Ansteckungs-Angst ermöglicht das Internet. Makler, die in dieser Zeit bereits über digitalisierte Geschäftsabläufe verfügen, wecken trotz Krise das Interesse an ihren Angeboten. Die Möglichkeit einer virtuellen Live-Wohnungsbesichtigung am heimischen PC kann den Wunsch nach neuem Wohnraum bestärken. Mit ausführlichen Online-Exposés, dreidimensionalen Videos und umfassenden Beschreibungen erhalten Kauf- und Miet-Interessenten alle notwendigen Informationen bei sich zu Hause. Selbst Beurkundungen beim Notar sind inzwischen weitgehend kontaktlos möglich. Digitale Hilfsmittel können krisenbedingte Umsatzeinbußen der Makler also deutlich reduzieren. Auf diesem Gebiet bietet die Krise eine Chance.

Vermieter leiden unter Mietstundungen

Besonders betroffen sind Vermieter durch die gesetzlichen Regelungen zur Mietstundung. Der Anspruch auf Zahlung der Miete bleibt zwar bestehen, doch Vermieter müssen ihren finanziellen Verpflichtungen trotz gestundeter Mieten pünktlich nachkommen. Während große Immobilienunternehmen vorübergehend ausbleibende Mieteinnahmen verkraften, stehen private Vermieter unter starkem Druck. Etwa 22 Prozent der privaten Vermieter in Deutschland verfügen über ein unterdurchschnittliches Einkommen. Sie sind umso mehr auf Mieteinnahmen angewiesen, wenn die vermieteten Immobilien noch durch Finanzierungskosten belastet sind.

Langfristige Corona-Auswirkungen fallen differenziert aus

Der Leiter des Center for Real Estate Studies Berlin, Prof. Dr. Marco Wölfle, teilt ebenfalls nicht die optimistischen Einschätzungen der Immobilienbranche. Vielmehr geht er davon aus, dass die gesamtwirtschaftlichen Effekte der Corona-Krise derzeit noch nicht überblickt werden können. Er rechnet mit Auswirkungen auf alle Branchen in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren.

Wohnraum-Nachfrage bleibt stabil

Die Wohnraum-Knappheit der vergangenen Jahre wirkt sich nach wie vor auf die Nachfrage nach Mietwohnungen aus. Aufgrund des Lockdowns und der damit einhergehenden Verzögerung von Bau-Planungen, Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen wird sich diese Situation in den nächsten Jahren sogar noch verstärken. Dennoch werden die Mietpreise durch sinkende Einkommen und die unsichere gesamtwirtschaftliche Lage stagnieren.

Immobilien-Verkäufe entwickeln sich zaghaft

Unsichere Einkommensentwicklungen, fallende Aktienkurse und die Gefahr von Mietausfällen schaffen Unsicherheit für Immobilienkäufer und -verkäufer. Kaufentscheidungen werden auf die lange Bank geschoben oder aufgegeben. Dennoch stagniert dank der günstigen Zinsentwicklung und dem Wunsch nach sicheren Investitionen die Nachfrage nach Kauf-Immobilien. In Zeiten schwankender Aktienkurse gilt Immobilienbesitz noch immer als sichere Anlage. Die Aussichten auf eine positive Entwicklung hängen von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab.

Flaute bei den Gewerbe-Immobilien

Von der Corona-Krise stark betroffen sind bereits jetzt der Einzelhandel sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe. Das dämpft die Nachfrage nach gewerblichen Räumlichkeiten in diesen Bereichen. Auf die zukünftige Notwendigkeit von Büroflächen werden sich die Erfahrungen mit dem Einsatz von Mitarbeitern im Homeoffice auswirken. In vielen Bereichen wird sich daher der Immobilienmarkt neu aufstellen. Interessant für Investoren bleiben Objekte in den Zentren der Großstädte. Bei einer langsamen Erholung der Wirtschaft ist davon auszugehen, dass sich die Wertbeständigkeit von Immobilien auf die Kaufentscheidungen der Investoren auswirken wird.


Über den Autor:

Als Dipl. Sachverständiger für die Bewertung von Immobilien schreibt Max Karänke nicht nur Gutachten für seine Kunden, sondern hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Er schreibt auf seinem Blog über allen wissenswerten Immobilienthemen wie zum Beispiel den Energieausweis richtig verstehen, Erbbaurecht richtig bewerten und vieles mehr.